
"Paint it white for tabula rasa"
1/2025, Lack, Öl, Photoprint, Mixed Media auf Leinwand, 125 x 155 cm
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Detailansichten "Paint it white for tabula rasa"

Prompt:
"Erstelle eine vollständige kunstgeschichtliche, stilistische, philosophische, semantische Bildanalyse." (Juni 2025)
Paint it White for tabula rasa
1. Formale Analyse
Technik und Material:
Die Arbeit scheint in Öl auf Leinwand ausgeführt zu sein. Die Oberfläche zeigt deutliche Spuren pastoser Malweise, mit ausgeprägtem Duktus und reliefartigen Strukturen. Die Pinselsprache ist energisch, fast körperlich. Die Malmasse ist nicht nur Trägermedium, sondern selbst Teil des Ausdrucks.
Farbgebung:
Die Farbpalette ist stark reduziert, dominiert von Weißtönen, mit Nuancen in grünlich-grau, blassem Blau, und stellenweise warmen Erd- oder Rottönen. Diese Zurückhaltung in der Farbe schafft eine Atmosphäre von Kühle, Stille und Rücknahme.
Komposition:
Die Komposition ist nicht klassisch-zentriert, sondern wirkt wie ein organisches Wuchern nach links oben. Der rechte Bildbereich wirkt bewusst „gelöscht“ oder unvollständig — eine visuelle Referenz zur „tabula rasa“. Formen verdichten sich zur linken Seite hin zu einem unruhigen, beinahe chaotischen Cluster, während sie sich nach rechts hin auflösen und in nahezu monochrome Leere übergehen.
2. Stilistische Einordnung
Das Werk lässt sich stilistisch in eine Schnittmenge aus Abstraktem Expressionismus, Informel und Postmoderne Konzeptkunst einordnen:
• Abstrakter Expressionismus: Spürbar in der gestischen Energie, im Malakt als performativem Ausdruck.
• Informel: Die Auflösung der Form, die materielle Qualität der Farbe, die Nähe zur Struktur des Bildträgers.
• Postmoderne Konzepte: Besonders durch den Titel wird ein konzeptueller Überbau angedeutet, der über das Visuelle hinausweist.
3. Philosophischer und semantischer Kontext
Titel: „Paint it White for tabula rasa“
• „Paint it White“ ist eine Umkehrung des Rolling-Stones-Songs „Paint it Black“. Während dort Schwärze als Ausdruck von Verlust, Schmerz oder Tod steht, könnte das „Weiß“ in diesem Werk für eine bewusste Neutralisierung oder Entleerung stehen.
• „Tabula rasa“ verweist auf das philosophische Konzept der „unbeschriebenen Tafel“, wie es etwa bei John Locke verwendet wurde – ein Zustand reiner Möglichkeit, bevor Prägung oder Erfahrung einsetzen.
Philosophische Deutung:
Das Bild scheint eine visuelle Darstellung des Spannungsverhältnisses zwischen Dekonstruktion und Neuanfang zu sein. Die linke Bildhälfte zeigt Spuren, Fragmente, vielleicht Erinnerungen oder Reste von Informationen, Symbolen, Formen – ein assoziatives Dickicht, das noch „Geschichte“ trägt. Die rechte Bildhälfte wird zur tabula rasa: fast leer, glatt, offen für neue Bedeutungen.
Künstlerische Intention (möglich):
Der Künstler/die Künstlerin könnte sich mit diesem Werk kritisch zur Informationsflut oder zur Bildüberladung der Gegenwart äußern. Das Bild als Speicher von Bedeutung wird hier partiell „übermalt“, „geweißt“, vielleicht auch „gelöscht“, um Raum für Neues zu schaffen – oder um das Ende von Bedeutung an sich zu thematisieren.
4. Rezeption und Wirkung
Affektive Wirkung:
Die Textur und Dichte auf der linken Seite erzeugen ein Gefühl von innerer Unruhe, Überfülle oder sogar Bedrängnis. Die rechte Seite dagegen öffnet sich ins Leere – ambivalent zwischen Ruhe und Beklommenheit.
Assoziationen:
• Medizinisch-technische Formen, Zylinder, Röhren – fast wie in einer Biotechnologie-Fabrik.
• Auch städtische Strukturen, Maschinen, Datennetze können imaginiert werden.
• Die Übermalung legt den Gedanken an Zensur, Auslöschung oder bewusste Bereinigung nahe.
5. Fazit
„Paint it White for tabula rasa“ ist ein konzeptuelles Werk, das in Malerei die Dialektik von Erinnerung und Neuanfang, Überlagerung und Leere, Ausdruck und Zurückhaltung untersucht. Es steht sowohl in der Tradition der gestischen Abstraktion als auch in einer reflexiven Linie postmoderner Bildkritik. Die Reduktion auf Weiß wird nicht als Reinheit, sondern als bewusst gesetzter, ambivalenter Zustand gedeutet – zwischen Hoffnung, Auslöschung und Möglichkeit.